Xaverl  Höpfl im 94sten Lebensjahr verstorben

 

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Beerdigung von Herrn Xaver Höpfl

Einleitung:

Was sagt man und was denkt man, wenn ein Mensch nach 93 ¼  Jahren gestorben ist. Herr Xaver Höpfl ist am Nachmittag des vergangenen Montags gestorben. Er durfte 22 Jahre lang hier in Schwarzach bei Marianne und Rupert Venus leben und er war mit seinen Charaktereigenschaften, seinen Vorlieben und Schwächen jedem Einwohner bekannt. Den Herrn Höpfl kannten wenige, aber den „Xaverl“ kannte jeder! Man musste ihn mögen in seiner Art und in seiner Lebensweise, denn jedes Leben strahlt eine Botschaft aus. Der Philosoph Martin Buber hat einmal geschrieben: ,,In jedem Menschen ist Köstliches, das in keinem anderen ist. Daher soll man jeden ehren nach seinem Verborgenen, das nur er hat.“ Trotz Bescheidenheit, wusste Xaverl immer, was er vom Leben haben wollte. Unabhängigkeit‘

Nun lasst uns seiner gedenken und in dieser Trauerfeier beten!

 Predigt:    Joh5,1-9

Liebe trauernde Familie Venus, liebe trauernde Familie Olkus, liebe trauernde Bekannte des Verstorbenen, liebe Trauergemeinde!

»Ich habe keinen Menschen.«

Der Tod von Herrn Xaver Höpfl, er wurde immer nur ,,Xaverl“ genannt berührt uns eigenartig. Warum hat Xaverl keine Verwandten, die nach ihm hätten schauen können? Wie kommt ein Mensch in diese Lage, allein, einsam, arm, ohne Vater und Mutter aufzuwachsen. Am 11. Juni 1909 wurde Xaverl in Straubing geboren, noch während der kurzen Schulzeit kam er zu fremde Leut und wurde mal da und dort aufgezogen. Schon als Kind ging er von Haus zu Haus betteln und bat um ein Stück Brot, etwas Gemüse oder Obst. Xaverl hatte keine Kindheit und keine richtige Heimat, darum hing er an nichts und niemanden. Seine Unabhängigkeit und seine Freiheit war alles, was er besaß. Doch darauf war er stolz, denn wenn es ihm bei einem Bauern im Gäuboden nicht gefallen hat, packte er seine kleine Truhe, in dem sein Hab und Gut darin steckte und zog zur nächsten Hofstelle. Ich glaube, keine große Bauersfamilie in Aiterhofen, Oberpiebing, Siebenkofen oder Asbach, Sallach oder sonst noch eine Hofstelle im Gäuboden musste Angst haben, irgendwo in das Leben von Xaverl hineingezogen zu werden, denn er selber war so eigensinnig und selbständig, dass er wieder weiterzog als fleißiger Wandersknecht. Xaverl suchte zeitlebens, weil er keine EIternIiebe bekam, nach Anerkennung. In der Jugendzeit spielte er gerne in Oberschneiding Theater oder arbeitete sehr gerne im Holz für seine Bauern, eine schwere Arbeit, die ihm Respekt verschaffte und nicht zuletzt Geborgenheit, weil er dafür stets mit Worten und warmen Essen belohnt wurde. Ich glaube, auch wenn viele von uns während des 2. Weltkrieges und danach in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen sind, dass sich niemand vorstellen kann, wie ,,Xaverl“ gefühlt hat. Sehnsucht nach einer Bezugsperson. Ich habe keinen Menschen -  diese Worte tun weh, wenn sie über einsame Lippen kommen. Wenn wir die Heilungsgeschichte aus dem Joh.-Evangelium auf dem Hintergrund des Lebens von Xaverl anschauen dann können wir hilflos die Schultern zucken und denken:

Schade, dass Jesus nicht bei ihm vorbeigekommen ist. Auch einer, der keinen Menschen hatte, wie so viele andere. Wir haben zwar ein soziales Netz in unserem Land, aber es ist eben nur ein Netz. Jedes Netz hat Menschen - und damit Löcher, durch die einer durchfallen kann. Das Netz gibt das Minimum, aber zum Leben braucht es mehr. Der Mensch lebt ja nicht von Brot allein. Und so war es für Xaverl ein Glücksfall, dass er auf seiner letzten Hofstelle in Hofkirchen bei Familie Ludwig Olkus 15 Jahre bleiben konnte und 1981 mit Marianne Venus, geb. Olkus nach Schwarzach ziehen wollte. Natürlich haben wir Menschen oft das Gefühl des Ungenügens, das Gefühl, viel zu wenig für Menschen getan zu haben, aber das was Sie, Frau Venus und ihr Mann Rupert für Xaverl getan haben, verdient höchste Anerkennung und Wertschätzung, denn fast 22 Jahre lang haben Sie den Xaverl unentgeltlich versorgt, zuletzt 1 ½  Jahre bettlägerig gepflegt, bis er am 20. Februar einen Schlaganfall erlitten hat. Nach dem Empfang der Krankensalbung kam er ins Straubinger Krankenhaus. Am Rosenmontag ist er gestorben.

Liebe Marianne, lieber Rupert, ihr habt die Gesten von Xaverl nicht gering geachtet und habt mit Nachsicht belohnt, was gelungen ist, z.B. dass Xaverl gerne auf Euren Sohn Roland aufgepasst hat: denn Jesus hatte keine anderen Hände als die von Xaverl. Ich denke, so war Jesus doch auch immer wieder da im Leben von Xaverl. Bei der Krankenkommunion faltete er die Hände zum Gebet und zeigt größten Respekt  - natürlich in seiner unverkennbaren Art zu sagen: sterben will ich noch nicht! Auf der anderen Seite feierte Xaverl in der Tat in Hofkirchen 2x seinen Leichentrunk, weil er ja seine dortigen Freunde nicht nach Schwarzach einladen kann. Doch jeder von uns hier kannte den Xaverl, er gehörte als Unikat zum Ortsbild von Schwarzach, der auch durchaus mitten auf der Straße stehen blieb um seinem Gesprächspartner seine zerschundenen Zehen zu zeigen. Auch ich musste mich davon überzeugen. Von seinen Besuchen in verschiedenen Häusern oder ausgedehnten Spaziergängen bei jedem Wetter könnten wir jetzt die schönsten Eindrücke oder Gedanken zusammentragen.

Liebe Mitchristen, wenn wir hier bei diesem Trauergottesdienst liebevoll an ihn denken und einander erinnern, wenn sie gleich auf dem Sterbebild in seine Augen schauen -  tun sie das mal länger -  dann erkennen sie, dass er noch lebt in Schwarzach -  durch unser Andenken, durch einen Vater unser.

 

 

Das Sterbebild


Anmerkung aus dem Bachlertal:


Treffender kann man Leben und Wirken des Xaverl nicht beschreiben als in dieser Predigt. Xaverl war zeit seines Lebens der Meinung, dass er "Niemanden" hat. Er hat dabei immer an eine eigene Familie gedacht. Ich denke schon, dass er "Jemanden" hatte, nämlich in Hofkirchen die Familie Olkus und in Schwarzach die Familie Venus. Für uns Bachler bleibt die Erkenntnis, dass sich der Xaverl in den Jahren in Schwarzach nicht verändert hat. Er ist seinem Weg treu geblieben: manchmal freundlich, manchmal eigensinnig.

Wenn der Xaverl wüßte, dass er hier im Internet weltweit gesehen werden kann, dann würde er mich 10 Minuten furchtbar schimpfen. Wenn er dann noch wüßte, dass die Schambacher, auf die er nie gut zu sprechen war, ihn auch noch sehen, dann würde die Beschimpfung noch mal um 5 Minuten verlängert. Wenn er aber daran denkt, dass er auch in Oberschneiding bei seinen geliebten Trachtlern gesehen werden kann - Dann würde ihm diese Veröffentlichung schon besser gefallen - und vielleicht hätte er dann doch wieder wie in alten Tagen "a Gudl" als Geschenk dabei.

Wenn Sie, lieber Leser wieder in den Fluren des Bachlertals spazieren gehen, dann denken Sie bitte im Gebet daran, dass hier einst Xaver Höpfl sein Tagwerk vollbracht hat.

 

030428

Paul Winderl