Laberfrosch 1968


Auch in der Kirche schläft sichs gut,
wenn`s Bier erst richtig wirken tut...

Am Silvesternachmittag gingen zwei Brüder ins Wirtshaus. Der eine nach O., der andere nach W. Sie zechten dort den ganzen Tag. Abends kamen sie in Silvestergesellschaft und tranken in lustiger Unterhaltung wohl etliche über den Durst. Zu vorgerückter Stunde wollte Zamperl (so dürfen wir ihn nennen, weil ihn nur seine engsten Freunde unter diesem Namen kennen) nach Hause gehen. Als er in dem Wirtshaus, in dem sein Bruder K. saß, noch Licht brennen sah, mußte er natürlich dort einkehren. Alles war hier noch in ausgelassener Silvesterstimmung und auch er wurde freudig aufgenommen.

Langsam machten sich auch hier die letzten Gäste auf den Heimweg, bis auf die zwei Brüder. Diese standen erst auf, als die Kirchglocken zur Messe läuteten und ihr Weg führte nicht nach Hause, sondern mit unsicheren Schritten geradewegs zur Kirche. Dort ließen sie sich auf der Empore in den hintersten Bänken nieder. Wahrscheinlich waren aber die warmgeheizte Kirche und der Geruch des Weihrauchs für unsere zwei ein süßes Wiegenlied. Gut, daß die beiden keine Schnarcher waren, sonst hätte ihr Schlaf wohl auch die Gläubigen und den Herrn Pfarrer gestört. So aber merkten es nur die Umstehenden, daß diese zwei wohl noch von der vergangenen Silvesternacht träumten. Der Herr Pfarrer wunderte sich wohl, daß es auf der Empore heute gar so still zuging, wo er sich doch sonst gerade über das Gemurmel von oben herab oft, ärgern mußte. Er wußte ja nicht, daß niemand den Schlaf dieser zwei Spätheimkehrer stören wollte. Da alle die Empore auf leisen Sohlen verließen, wurden die zwei auch nicht wach, als die Kirche aus war.
Wahrscheinlich hätten sie auch das Amt am Vormittag noch überschlafen, hätte sich nicht ihre Mutter Sorgen um ihre Sprößlinge gemacht. Wahrscheinlich hatte sie schon erfahren, daß diese schnurstracks vom Wirtshaus in die Kirche gegangen waren. Weil sie ihre zwei Söhne gut kannte, lag ihr wohl auch der Gedanke am nächsten, daß sie sich noch friedlich schlafend in der Kirche aufhalten mußten. So wurden unsere zwei doch noch kurz vor der Vormittagskirche von sanften Mutterhänden aus dem Schlaf gerissen.